Rechtliche Due Diligence – Transaktionen sicher gestalten

Wie sich die rechtliche Prüfung in den Gesamtprozess der Due Diligence einfügt, wird im Beitrag zur finanziellen Due Diligence erläutert. Dieser Artikel legt den Fokus auf die juristischen Schlüsselfragen – von Verträgen über Gewährleistungsklauseln bis zur Rolle von SPA, LOI und erfahrenen M&A-Anwälten.
- Wesentliche Verträge
Die rechtliche Due Diligence umfasst die Prüfung aller bestehenden Verträge und rechtlichen Verpflichtungen des Zielunternehmens. Je nachdem, ob ein Asset Deal oder ein Share Deal angestrebt wird, kann es andere Gewichtungen geben.
- Unternehmensorganisation und Compliance
Untersuchung der Organisationsstruktur: Insbesondere der Abteilungsaufbau, Vollmachten, Weisungsbefugnisse, Verantwortlichkeiten, Vertretungen, Kommunikationswege und mehr. Überprüfung der Einhaltung rechtlicher Verpflichtungen und Vorschriften. - Gesellschaftsverträge
Handelt es sich um kein Einzelunternehmen, sondern um eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, sind die Beteiligungsverhältnisse und ihre Rechte (und Pflichten) wichtig. Das gilt besonders, wenn (nur) Beteiligungsquoten übertragen werden. Wichtige Themen sind: Übertragungsrestriktionen, Regelung der Gewinnverteilung und die Stimmrechte allgemein, Ausscheide- und Abfindungsregeln (insb. bei Einziehung und Todesfall) u.v.m. Je nach Ergebnis kann es (dringend) angebracht sein, die Satzung auf die neuen Verhältnisse anzupassen. - Eigentum, geistiges Eigentum und Intellectual Property (IP)
Generelle Analyse der Eigentums- Besitz- und Nutzungsrechte. Dieser Punkt ist eng mit der Unternehmensbewertung verbunden, da IP-Rechte oft einen großen Teil des Kaufpreises beeinflussen. Was sind die wesentlichen Patente, Marken und Software-Rechte und wem gehören sie? Sind alle Rechte ordnungsgemäß registriert und übertragen oder gibt es Streitigkeiten bzw. Lücken in der Lizenzierung? IP ist häufig ein zentraler Werttreiber – unklare Eigentumsverhältnisse können die Transaktion gefährden.
- Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
Ohne Manpower geht es nicht. Wichtige Themen sind: Altersstruktur, Beschäftigungsdauer, Ausbildungsgrade, Schlüsselpositionen, Vollständigkeit der Arbeitsverträge, Gehaltsstruktur, Zahlungstermine, ungeschriebene Sonderrechte, Urlaubsrückstände, Krankheitstage. Außerdem: findet ein Betriebsübergang statt, gehen die Arbeitsverhältnisse über, § 613a BGB (Deutschland). Ein frühzeitiges Bewusstsein für kulturelle und personelle Risiken erleichtert die spätere Integration nach dem Unternehmenskauf.
- Mietverträge
Sind die Konditionen der Immobilienmietverträge vorteilhaft? Gibt es Kündigungsfristen, Sonderrechte oder versteckte Kostenrisiken? Langfristige, unflexible Verträge können zur Belastung werden –insbesondere, wenn sich das Geschäftsmodell verändert.
- Lieferanten- und Kundenverträge
Gibt es kritische Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten oder Kunden, die die operative Kontinuität gefährden können? Welche Kündigungsrechte, Change-of-Control-Klauseln oder Exklusivitätsvereinbarungen bestehen? - Darlehensverträge, Haftungsverhältnisse
Werden Kredite übernommen, gleich ob Fremdverbindlichkeiten (Bank-, Lieferanten) oder Gesellschafterdarlehen, sind die Darlehenskonditionen relevant. Gleiches gilt für vorhandene Garantien, Gewährleistungen und ähnliches - Versicherungen
Ist das Unternehmen ausreichend versichert? Oder liegen Übersicherungen vor? - Steuerrisiken, ein Sonderthema
Liegen alle Steuerbescheide vor? Ab wann sind die Veranlagungsjahre bestandskräftig? Sind die Steuerrückstellungen ausreichend?
Der Kaufvertrag sollte eine Risikobalance regeln.
Best Practice
Wesentlich ist die systematische Prüfung der Haupt- und Nebenverträge. Und bewerten Sie die laufenden und potenziellen Rechtsstreitigkeiten nach Chance und Risiko!
2. Der Kaufvertrag: Gewährleistungsklauseln und Risiken
Gewährleistungs- und Freistellungsklauseln im Kaufvertrag sind der wichtigste Schutz des Käufers vor bekannten und unbekannten Risiken. Zentrale Aspekte sind:
- Gewährleistungsumfang
Der Verkäufer garantiert das Bestehen und die Richtigkeit bestimmter Tatsachen (z. B. Eigentums- Besitz- und Nutzungsrechte, Haftungsausschlüsse).
Je breiter und detaillierter die Garantien, desto besser für den Käufer. - Begrenzungen und Ausschlüsse
Verkäuferinteresse ist es, Umfang und Dauer der Garantien zu beschränken. Achten Sie auf Fristen, Haftungshöchstgrenzen und Ausschlüsse für „bekannte“ Risiken. - Freistellungsklauseln
Freistellungen decken identifizierte und nichtidentifizierte Risiken ab (z.B. Kontaminierungen, unbekannte Forderungen u.v.m.) und verpflichten den Verkäufer zur Entschädigung im Schadensfall. - Risikomanagement
Verhandeln Sie klare, durchsetzbare Gewährleistungs- und Freistellungsklauseln. Sind die Angaben des Verkäufers vage oder unvollständig, bestehen Sie auf zusätzlichen Sicherheiten (z. B. Treuhandkonto, Kaufpreisteilrückbehalt).
3. Die Rolle von SPA und LOI: Deal definieren und absichern
- Letter of Intent (LOI)
Der LOI skizziert die wesentlichen Eckpunkte und Absichten beider Parteien vor Beginn der detaillierten Due Diligence. Er ist meist unverbindlich, bietet jedoch einen Rahmen für die Prüfung, die Verhandlungen und signalisiert Ernsthaftigkeit. Wichtig: Klar definieren, welche Punkte verbindlich sind
(z. B. Exklusivität, Vertraulichkeit) und welche nicht. - Share Purchase Agreement (SPA)
Der SPA ist der bindende Vertrag, der den Verkauf und die Übertragung von Anteilen oder Vermögenswerten regelt. Er enthält alle wesentlichen Bedingungen: Kaufpreis, Zahlungsmodalitäten, Vollzugsbedingungen, Garantien, Freistellungen und Pflichten nach dem Closing. Die Qualität und Detailtiefe des SPA sind zur Konfliktvermeidung entscheidend.
Best Practice
Verhandeln Sie den LOI mit Sorgfalt, aber investieren Sie die meiste juristische Aufmerksamkeit in den SPA – er ist Ihre eigentliche Versicherungspolice.
4. Zusammenarbeit mit M&A-Anwälten: Expertise und Risikominimierung
Erfahrene M&A-Anwälte sind während des gesamten Übernahmeprozesses unverzichtbar. Ihre Aufgaben umfassen:
- Systematische Erfassung der Verhältnisse, Risiken und Chancen
(Systematik verhindert Prüfungslücken) - Entwurf und Verhandlung von LOI, SPA, Nebenvereinbarungen
- Durchführung der rechtlichen Due Diligence und Identifikation von Risiken
- Einordnung des rechtlichen Status von Vermögenswerten
- Wirksamkeit bei der Erstellung von Klauseln und des Vertrages insgesamt
- Beratung zur optimalen Deal-Struktur (Asset- vs. Share Deal), regulatorischen Anforderungen und Compliance
- Unterstützung bei Verhandlungen und Sicherstellung aller rechtlichen Voraussetzungen beim Signing und Closing
Best Practice
Wählen Sie Anwälte mit ausgewiesener M&A- und Branchenerfahrung aus.
Frühe Einbindung beschleunigt den Prozess und erhöht Ihre Verhandlungsstärke und Sicherheit.
Systematisch zum passenden Zielunternehmen
Investment Thesis entwickeln, KI-gestützt suchen, Off-Market-Deals finden – mit professioneller Begleitung.
Fazit
Eine professionelle rechtliche Prüfung ist keine Formalität, sondern Ihre Versicherung gegen böse Überraschungen und Rechtsstreitigkeiten nach dem Deal. Nur wer alle relevanten Verträge systematisch prüft, robuste Garantien verhandelt und auf erfahrene M&A-Anwälte setzt, trifft fundierte und sichere Entscheidungen und legt die Basis für eine erfolgreiche Übernahme. Wie Sie rechtliche und finanzielle Elemente optimal kombinieren, zeigt unser Beitrag zur Deal-Struktur beim Unternehmenskauf.
Die Checkliste Unternehmenskauf bietet Ihnen einen kompakten Überblick über alle Prüfbereiche – rechtlich, finanziell und strategisch.
Komplexe Transaktionen brauchen klare Verträge
Unser M&A Experte Harald Belzer unterstützt Käufer und Unternehmer bei der rechtlichen Due Diligence, Vertragsprüfung und Gestaltung von Share- und Asset Deals. Mit seiner Expertise schaffen Sie Rechtssicherheit, vermeiden teure Konflikte und führen Ihre Übernahme erfolgreich zum Abschluss.